Wie wir Erwachsenen am besten miteinander reden, welche Benimmregeln es dabei gibt, ist allgemein bekannt. Aber gibt es das auch bei Kommunikation mit Kindern?
Auch für Kommunikation gilt: Was ich vorlebe, lernen meine Kinder. Sie spiegeln mich, mein Verhalten und meine Art zu reden. Wer erfahren hat, dass ihm zugehört und mit Respekt auf Augenhöhe begegnet wird, der*die ist bereit das weiterzugeben. Ich merke immer öfter, dass ich nachdenken kann, bevor ich impulsiv reagiere. Ich denke erst darüber nach, welches Bild vom Kind, mein Gesagtes an das Kind sendet. Ich frage mich ob es wertschätzend oder demütigend ist. Das geht mal mehr, mal weniger gut.
5 Tipps, ich kann sie an einer Hand abzählen- und doch können sie den Umgang mit Kindern völlig umkrempeln, weil bewusste und reflektierte Kommunikation einfach anders ist.
1. Begib dich auf Augenhöhe
Stell dir vor du müsstest fast den ganzen Tag nicht nur im übertragenen Sinn zu deinen Gesprächspartnern aufsehen. Was macht das mit dir?
Für unsere Kinder ist das ähnlich. Ja, sie sind klein, trotzdem suchen sie den Kontakt zu uns Erwachsenen. Sie wollen lernen, kopieren uns und löchern uns mit Fragen. Sie sehen, wie wir miteinander reden. Sehen, dass wir Augenkontakt haben und ich fordere den von meinen Kindern auch bewusst ein. Das ist für die Kinder einfacher, wenn wir uns auf Augenhöhe begeben, ob wir uns hinunter beugen oder das Kind auf den Arm nehmen, ist dabei egal. Wichtig ist, dass das Kind merkt, dass es uns wichtig ist und wir bereit sind dieses (Macht-) Gefälle zu überbrücken.
2. Höre zu
In meinem Beitrag über Kommunikation habe ich geschrieben, Kommunikation sei viel mehr als Worte. Das ist bei Kindern noch stärker, da sie viel enger mit ihren Gefühlen in Verbindung stehen. Sie merken schnell, wenn wir mit den Gedanken nicht dabei sind. Meine mittlere Tochter kommt oft her, legt ihre Hände an mein Gesicht und sagt: „Mama, ich will dir was sagen!“ Das macht sie tatsächlich so lange, bis meine ganze Aufmerksamkeit bei ihr liegt. Für mich ist das ein netter Reminder: Höre zu! Sei aufmerksam! Letztlich möchte ich ja auch, dass sie mir zuhört. Und unsere Kinder spiegeln uns gnadenlos.
Gleichzeitig merken wir auch, wie intensiv Gespräche werden können, wenn wir mit allen Sinnen dabei sind und uns voll auf eine Sache fokussieren. Alle Sinne wecken, was nehme ich wahr, was will mein Kind mir sagen, obwohl es noch keine Worte dafür hat? Selbst bei Neugeborenen können wir verschiedene Signale wahrnehmen und ordnen das verschiedenen Gründen zu: Hunger, Nähe, Ausscheiden, Schmerzen, Müdigkeit.
Kinder hören uns zu. Sie leben die Geschichten, die wir erzählen, fragen nach, wenn sie etwas nicht verstehen und zwar so lange, bis sie es verstanden haben. Analysiere doch mal, wie dein Kind dir zuhört und dann spiegel es wider. Einmal am Tag, ganz bewusst.
3. Warte bis du die Aufmerksamkeit hast
Wer kennt das nicht? Die Kinder sind im Spiel vertieft und reagieren nicht auf eine Aufforderungen sich anzuziehen. Du wirst müde, weil du denkst, du wirst ignoriert. Doch halte mal kurz inne: was bekommst du noch von der Außenwelt mit, wenn du so richtig im Flow bist? Ich ignoriere dann das Außen. Wenn jemand anruft und etwas Wichtiges will, kann er*sie das ja später nochmal tun. Spielen Kinder, sind sie im Flow. Sie hören uns oft tatsächlich nicht, oder können mit dem Input nichts anfangen, da er nicht zu ihrem Thema passt.
Umso wichtiger ist es, sie bei ihrem Spiel abzuholen, sich kurz darauf einzulassen. Laden sie dich in ihr Spiel ein, bist du in ihrer Welt und kannst dein Anliegen vorbringen. Wichtig dabei: step by step!
4. So konkret wie möglich
„Wir müssen gleich los!“
„Zieh dich an!“
„Hast du alles gepackt?“
„Ich helfe dir gleich.“
Typische Situationen, aber wann ist denn gleich? Was ist alles? Was soll ich denn anziehen?
Werde konkret: „Du kannst jetzt noch 2 Lieder hören, dann machen wir die Musik aus und gehen los.“ Oder: „Ich stelle den Wecker, wenn er klingelt müssen wir Schuhe anziehen.“ Das ist für das Kind greifbarer, das sind Einheiten, die es versteht.
Das gilt für alle Beispiele. Wenn du keine Kleidung bestimmen willst oder dein Kind das nicht zulässt, dann kannst du trotzdem aufzählen, was das Kind braucht: Unterhose, T-Shirt, Sweatshirt, Hose… so vergisst es nichts. Für den Rucksack auch: nicht „alles“, sondern Trinkflasche, Vesperdose und und und.
Auch deine Handlungen können besser eingeschätzt werden, wenn du sie benennst. „Ich helfe dir, wenn ich den Tisch abgeräumt habe.“ So umgehst du das „gleich“ und das Kind kann dich dabei beobachten.
Natürlich nimmt das bei höherem Alter ab, die Kinder werden selbstständiger und können auch komplexere Gedankengänge fassen, warten wird einfacher, zumindest wird es gewohnter. Fordere eine Zeitangabe auch von deinen Kindern ein, denn bei größeren Kindern wird „gleich“ für dich schwerer zu ertragen.
5. Achte dein Kind als Mensch
Kinder sind keine fertigen kleinen Erwachsenen, aber sie sind auch keine Tonmasse, die wir nach unserem Willen formen können. Sie sind unterschiedlich und ihre Art, ob sie kleine Wildfänge sind, nachdenklich, zurückhaltend, laut oder leise, können wir gar nicht beeinflussen. Wir können fördern, was da ist und stärken, wo sie Hilfe brauchen. Aber wir können sie nicht zwingen und wir als Erwachsene sollten bei unserer Kommunikation darauf achten.
„Du musst teilen!“ – ein beliebtes Beispiel. Wie würdest du dich fühlen, wenn ich mich im Eiscafé neben dich setze, dein Handy bewundere und es dir aus der Hand nehme. Deine Entrüstung setze ich mit einem „man muss ja teilen“ außer Kraft und übergehe dich und deine Wünsche. Wie fühlst du dich dabei?
Was lernen unsere Kinder, wenn sie ständig in dieser Situation sind? „Du musst aber leiser sein! Du musst dich mehr trauen! Du musst teilen! Hör auf wütend zu sein!…“
Mir ist wichtig weiterzugeben: „Ich sehe dich. Ich verstehe, was du willst. Ich respektiere deine Gefühle, sie dürfen da sein.“ Das zu kommunizieren ist schwer, es bringt mich an meine Grenzen, denn ich muss immer wieder fragen: „Warum macht mich das Verhalten wütend?“ Dadurch gebe ich auch weiter, dass sie so sein dürfen, wie sie sind und es entstehen viele wertvolle Gespräche. Ich bin dabei immer wieder erstaunt, wie reflektiert (Klein-) Kinder sein können.