Der erste Gedanke, der vielen dabei kommt ist wahrscheinlich: Worte, miteinander reden, sich mit jemandem zu unterhalten…
Das Alles ist auch richtig, aber nur die Spitze des Eisbergs. Kommunikation besteht noch aus so viel mehr. Denn wäre sie wirklich nur miteinander reden, dann würde die Aneinanderreihung der richtigen Wörter nicht zu Missverständnissen führen und es wäre unmöglich mit jemanden Kontakt aufzunehmen, der*die eine andere Sprache spricht.
Der Ton macht die Musik
Dies ist eine weitverbreitete Redewendung und bedeutet, dass es darauf ankommt, wie und mit welcher Betonung man dem*der Anderen etwas sagt. Es macht einen Unterschied, ob man eine Bitte freundlich oder aggressiv sagt. So macht es durchaus einen Unterschied ob man höflich sagt: „Gibst du mir bitte die Butter?“ Oder ob man zwischen zusammengepressten Zähnen ein „Gib. Mir. Bitte. Die. Butter!“ hervorzischt. Je nachdem wie man eine Bitte, ein Anliegen, einen Kritikpunkt, ein Lob und so weiter vorbringt, verursacht man eine Reaktion bei seinem Gegenüber.
Fühlt er*sie sich angegriffen, wird er*sie in Verteidigungshaltung gehen. Fühlt er*sie sich gesehen, kommt man leichter ins Gespräch. Jede*r entscheidet also mit der Art und Weise, wie er*sie sein*ihr Gesagtes betont, auch den weiteren Verlauf des Gespräches.
Mimik und Gestik
Wenn man verschiedene Sprachen spricht, aber dennoch kommunizieren möchte, dann unterhält man sich oft „mit Händen und Füßen“. Und ja, auch das ist Kommunikation. Auch das Gesicht, also die Mimik gehört dazu.
Gesten sind teilweise international und auch für die Kleinsten schon verständlich: Führe ich meine Finger zum Mund und gebe vor reinzubeißen, verstehen die meisten Menschen: ich habe Hunger. Deshalb kann Gebärdensprache auch schon mit Babys eingeübt werden. Schwierig wird es bei Gesten, die unterschiedlich gewertet werden. So ist der Schweigefuchs, der in Schulen gerne eingesetzt wird, in der Türkei der Gruß einer rechtsextremistischen Gruppe. Es kann also auch bei Gesten zu Missverständnissen kommen, wenn man nicht weiß, wie die Geste in einer anderen Kultur verwendet wird.
Trotzdem läuft ein großer Teil der Kommunikation über Mimik und Gestik, denn wir transportieren sehr viel Information über diese. So sehen wir, wenn jemand traurig, wütend oder fröhlich ist. Wir reagieren im Gespräch auf das, was wir sehen. Wir bauen diese Information mit dem Gehörten zusammen und das gibt uns den fertigen Input.
Jemand sagt: „Mir geht’s gut.“ Wir sehen aber: er*sie ist ganz zusammengesunken, die Schultern hängen, er*sie schaut uns nicht direkt in die Augen. Wir hören: die Stimme ist ganz dünn, zittrig und schwach. Daraus schließen wir: das Gesagte und das, was wir wahrnehmen passt nicht zusammen.
Die eigene Erfahrung
Jede*r von uns hat eigene Erfahrungen gemacht, jede*r trägt seinen Rucksack mit Erinnerungen und so interpretiert auch jede*r andere Dinge in das Gesagte. Meine Geschichte beeinflusst, wie ich Dinge wahrnehme. Deine Geschichte, wie du Dinge wahrnimmst. Unsere Gehirne arbeiten gleich und dennoch unterschiedlich. Wir fokussieren, validieren, visualisieren und assoziieren anders. Wir haben verschiedene Interessen, Hobbies, Wissensgebiete und -lücken. Unter dem Begriff „Auto“ wird sich jede*r Leser*in dieses Textes etwas anderes vorstellen. Allen wird gemein sein, dass es eine Karosserie, ein Lenkrad und vier Räder hat. Aber sonst kann von Sportwagen bis Familienkarre, Diesel bis Elektro alles dabei sein.
Deshalb ist es so wichtig und auch völlig legitim nachzufragen, abzuklären ob der Gegenüber das verstanden hat, was man gesagt und gemeint hat. So können Missverständnisse aus dem Weg geräumt werden, bevor sie ihre schlimme Wirkung entfalten können. Denn meisten verursachen sie Frust, Wut und auch Selbstzweifel. Andere Sichtweisen wahrzunehmen, erweitert wiederum den eigenen Horizont und füllt den Rucksack.
Also: was ist Kommunikation?
Kommunikation ist das Zusammenspiel all unserer Wahrnehmungen: wir hören, sehen, fühlen, bewerten und ordnen ein. Überlegen dann, wie wir reagieren, suchen die sinnvollste Reaktion aus und verwenden diese. Täglich tausende Male. Und das innerhalb von Sekunden. Dass man da mal aneinander vorbeiredet, sich missversteht und Sorge tragen muss, richtig verstanden zu werden ist nur eine logische Konsequenz daraus.
Funktioniert einer der oben genannten Bereiche nicht oder nur eingeschränkt, merken wir erst, wie wichtig er ist. Offensichtlich wird das bei Gesellschaftsspielen, die eben das Verlangen und vermeintlich so leicht sind: nur Worte benutzen, um etwas zu erklären, aber bitte nicht die offensichtlichen, Pantomime, malen, nur Ja/Nein-Fragen stellen…
Diese Spiele zeigen im Spaß, wie Kommunikation schief gehen kann und welch eine großartige Leistung unser Gehirn da immer wieder vollbringt. Gleichzeitig zeigen sie auch, wie kreativ wir werden können, um uns trotzdem verständlich zu machen, wie wir plötzlich anders werten, auf andere Dinge achten und uns so an das Ziel rantasten.
Wenn wir die eigene Kommunikation bewusst wahrnehmen, uns darauf einlassen und die einzelnen Aspekte betrachten, werden wir uns neu kennenlernen. Es lohnt sich.
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